Ziegenrevue aus Scharfenstein

Sehr geehrte Bewohnerinnen und Bewohner,

 

wie einige von Ihnen schon lange wissen, und die anderen vor kurzem erfahren haben, halten mein Mann und ich einige Milchziegen der Rassen Weiße Deutsche-und Bunte Deutsche Edelziegen und einige Holländer Schecken. 6 Mutterziegen und 2 Ziegenböcke und derzeit 10 Bunte Lämmer. Die Milchziegenhaltung hat vor 16 Jahren angefangen, als mein Mann aus gesundheitlichen Gründen zur Gesundung auf Ziegenmilch und Naturquark, auch der Molke angewiesen war. Diese Geschichte aber bedarf einer Extra-Darstellung, hier werde ich mich auf unser Projekt „Ziegenrevue“ konzentrieren.

 

Wie mein Mann und ich schon längst festgestellt haben, sind die Ziegen sehr ruhige und soziale Tiere. Sie tun einem sehr gut. Wenn man nach einem stressigen Alltag in den Ziegenstall kommt, dann lässt man alle seine Probleme hinter sich. Tiere beruhigen.

 

Mehrmals haben wir beobachtet, wie unsere Besucher, ob alt oder klein, sich auf ein Baumstümpchen im „Lämmerzimmer“ setzen, sich von kleinen Hopsern bespringen lassen und dabei die Welt und die Zeit vergessen. „Das ist wie eine Jungzellenkur“, konnten wir dann hören.

 

Dann haben wir gedacht, dass es eigentlich schade ist, dass diese wundervollen Tiere mit ihrem „Verjüngungs-und Beruhigungspotenzial“ noch nicht den Weg zu den alten Leuten gefunden haben, nämlich ins Haus Mühlental.

Gedacht-getan. Nach der Absprache mit der Heimleitung und einigen technischen Vorbereitungen, nach einer nervigen Pause, weil wir auf schönes Wetter gewartet haben, nach zwei Diavorträgen mit Ziegenbildern war die Ziegenrevue aus Scharfenstein endlich on tour.

Sie wussten schon oder ahnten schon von unseren Plänen und haben sich gefreut, als der Termin feststand. Und nachdem mein Mann auf dem Rasen neben den Garagen seine Steckhorden eingestellt hat und die Lämmchen aus dem Anhänger ausgesprungen waren, dauerte es keine 15 Minuten, bis die ersten neugierigen Besucher dabei waren.

Unser neuer Bewohner Herr Falck, der das Ganze mit seiner Kamera fotografieren wollte, hat sogar seinen Nachmittagskaffee stehen lassen. „Das ist nicht so wichtig“, hat er gesagt.

Das Wetter hat mitgespielt und sie haben eine gute Stunde miteinander verbracht – Menschen und Ziegen. Eine unserer Mitarbeiterinnen hat ihre beiden kleinen Enkelkinder mitgebracht, sie haben sich prompt ins Gehege getraut. Diese Szene hat keinen von den Bewohnern gleichgültig gelassen, das haben alle sehr niedlich gefunden.

Mein Mann und ich mussten dabei nur schmunzeln, wir wussten, dass es nicht anders sein konnte. Jedes Mal, wenn wir kleine Lämmer haben, kriegen wir sehr viel Kinderbesuch. Als erstes kamen zwei Töchter von unseren Nachbarn, um mit den Kleinen zu spielen, kurz danach hatte eine  der Beiden Geburtstag, und dann saß der ganze Schlafbesuch am nächsten Tag bei unseren Ziegen im Stall. Ich habe gesehen, dass die kleinen Ziegen Ihnen auch gutgetan haben. Allein die Tatsache, dass Sie eine ganze Stunde beim schönen Wetter draußen gewesen sind.

 

Dabei gehen einige von Ihnen eigentlich gar nicht zu unseren Veranstaltungen und schon gar nicht raus. Das war nur zu schön zu beobachten, wie Sie Löwenzahn und Giersch pflückten, um es den kleinen Ziegen zu reichen. Interessant, woran haben Sie gedacht, während sie diesem bunten frechen Volk beim Springen vom Stümpchen auf den Hocker und zurück zugeschaut haben?

Vielleicht an Ihre Kindheit, an die Jugend in den Nachkriegsjahren, wo Ziege sich als Kuh des kleinen Mannes etabliert hat? Daran, dass die ganze Generation dank Ziege überlebt hat? An die Zeit, die sowohl hart als auch schön gewesen ist und Sie geprägt hat…

 

Auf jeden Fall haben Sie unter anderem auch sehr viel Spaß gehabt, und diese Nacht haben die meisten von Ihnen etwas Schönes geträumt.

 

Und wenn das so ist - die Ziegenrevue kommt wieder!